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13.01.10

Das Scheitern des wahrhaftigen Journalismus in Maron's Roman Flugasche

Die Frage Christa Wolfs, was denn bleibe von der DDR, von der DDR Literatur, wurde in den vergangenen zwanzig Jahren immer wieder neu beantwortet und kontrovers diskutiert.

Was bleibt (Christa Wolf, 1979, 1990) beschreibt einen Tag im Leben einer Schriftstellerin, die Tag und Nacht von der Stasi beschattet wird. Die ständige Überwachung, die Gewißheit der Präsenz der Herren im Auto vor dem Haus machen sie arbeitsunfähig.

Aufgrund des Publikationsjahres - 1990 - wurde die Frage 'Was bleibt?' im größeren Kontext des Zerfalls der DDR und der zukünftigen Wiedervereinigung verstanden. Einerseits 'Was bleibt? - nach dem Fall der DDR, der Zerschlagung der sozialistischen Utopie und andererseits: was bleibt von der DDR, hier im speziellen von der DDR Literatur?

Wenn ich zu einem Buch greife, das zwischen 1949 und 1989 veröffentlicht wurde, dann läuft es in meinem Kopf mittlerweile durch eine Art Raster. Welche Anforderungen sollte ein Werk erfüllen, um zu den Auserwählen zu gehören, die ‚bleiben’?

So erging es mir auch mit Monika Marons Debütroman Flugasche von 1981, in dem sie die Umweltverschmutzung in der DDR thematisiert. Er ist die erste weithin bekannt gewordene literarische Veröffentlichung zu diesem Thema. Darin geht es um die Journalistin Josefa Nadler, die von ihrer Redaktion nach Bitterfeld geschickt wird, um über die Arbeit im dortigen Kraftwerk eine Reportage zu verfassen.

Der Schreibprozeß ist für Josefa eine Auseinandersetzung mit der Schere im Kopf, die ihr durch die herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen aufgezwungen werden. Sie kann die Wahrheit schreiben, nämlich, dass B. die schmutzigste Stadt Europas ist. Doch das wird nicht gedruckt werden. Ihre Verzweiflung kommt in folgendem Gespräch mit ihrer Redakteurin zum Ausdruck: „Ich werde um mich selbst betrogen. […] Sie betrügen mich um mich, um meine Eigenschaften. Alles, was ich bin, darf ich nicht sein. Vor jedes meiner Attribute setzen sie ein >zu<: du bist zu spontan, zu naiv, zu ehrlich, zu schnell im Urteil … (Maron, Flugasche, 1981, 78).

Flugasche können wir heute als Darstellung der Zwänge, denen kreativ Arbeitende in der DDR ausgesetzt waren, lesen. Und was das letztendlich aus den Menschen machen kann, Mitläufer oder verzweifelte, ewig Suchende. Menschen, die an die Ideale der verordneten Parteilinie glauben und welche, die aufgegeben haben (und natürlich viele Zwischenstadien davon). Maron beschreibt beispielsweise einen Kollegen Josefa Nadlers, der die Manuskripte in der Redaktion nur unter einem bestimmten Alkoholpegel bearbeiten kann.

Letztendlich geht es also nicht darum, die objektive Wahrheit zu schreiben, sondern darum, die Schere im Kopf so arbeiten zun lassen, dass der Text in der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik veröffentlicht werden kann.

Bild der Autorin von
http://lesesaal.faz.net/wehler/article.php?txtid=maron
F.A.Z. vom 29.08.2008

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